Myanmar mit Kindern – im Land der goldenen Pagoden
Claudia Böttcher
on 5. April 2017 at 09:19
Tag 1 – Bangkok:
Natürlich waren wir, wie immer, nach 17 Stunden Anreise und 2 Stunden Immigration und Taxifahrt, zu müde für ausschweifende Touren. Nicht so tragisch, schließlich kennen wir Bangkok gut. Trotzdem haben wir uns fest vorgenommen, der City of Angels beim nächsten Mal wieder ein paar eigene Stunden einzuplanen. So bleibt es beim Stop-over in unserem Bangkoker Lieblingshotel, dem Anantara Riverside, und einem Kurzausflug auf dem Chao Phraya Richtung Stadt.
Tag 2 – Yangon:
Der Flug von Bangkok nach Yangon ist eher kurz. Kaum bleibt Zeit, die Immigration-Cards für alle vier auszufüllen. Angekommen, verlieben wir uns erst einmal Hals über Kopf in unser Hotel. Das Savoy ist eine echte Oase im Stadtchaos. Cozy, romantisch und komplett entspannt. Wir sind gespannt, wie die nächsten Tage werden. Chaotisch, laut dreckig, nicht für Kinder geeignet, das hatten wir im Vorfeld der Reise oft zu hören bekommen. Der erste Eindruck aus dem Taxifenster ist anders. Die Stadt ist völlig normal. Irgendwo zwischen Mumbai und Phnom Penh – aber nichts anderes hatten wir erwartet.
Kurz ausgepackt im Hotel und wir machen uns auf den Weg. Es sind nur wenige Meter bis zur Shwedagon Pagode.
Jeder hatte es uns gesagt: “Wenn ihr in Yangon seid, dann plant viel Zeit für die Shwedagon Pagode sein.” Die Shwedagon Pagode ist das religiöse Herzstück Myanmars, das Zentrum des Buddhismus. Ich schaute mir Fotos an, las Reiseberichte – und trotzdem blieb da dieser Eindruck: Ja klar, ein wichtiger Tempel, bestimmt schön und auch beeindruckend, aber doch nur einer von vielen, die man schon gesehen hatte.
Ich hätte mich nicht mehr irren können!
Die Shwedagon-Pagode ist einzigartig und einer der besondersten Orte, an denen ich je war. Das liegt vor allem daran, dass das spirituelle Zentrum Myanmars so voller alltäglichem Leben ist. Die Menschen kommen hierher, nicht nur zu Festtagen, sondern ganz alltäglich, für ihre großen und ihre kleinen Sorgen. Und sie kommen in Massen. Gemeinsam mit all denen, die etwas besonders zu feiern haben. So zum Beispiel die Einführung des Sohnes, der die nächste Zeit als Novize im Kloster verbringen wird.
Es ist wahr, man könnte stundenlang auf den Stufen im riesigen Tempelareal sitzen und den Menschen dabei zusehen, wie sie ihre tiefe Spiritualität ausleben.
Eigentlich wollten wir wir heute noch weiter in die Stadt. Stattdessen sind wir hängengeblieben, an diesem besonderen Ort. Und wir werden wiederkommen.
Tag 3 – Yangon:
So ganz will der Funke noch nicht überspringen. Die Shwedagon-Pagode hat uns begeistert. Der Rest der Stadt fällt uns noch ein bisschen schwer. Wir waren den ganzen Tag unterwegs, haben uns angeschaut, was man sich so ansehen soll. Vom Bogyoke Market über die Sule Pagode bis nach Chinatown. Yangon erinnert mich immer noch sehr an Mumbai. Die Hitze, die Gerüche, das Chaos auf den Straßen. Definitiv eine Herausforderung für alle Sinne, allerdings für mich ohne den Charme, den ich in Mumbai durchaus finden kann.
Der Bereich nördlich der Sule-Pagode ist voller Leben, wenn man das Verkehrschaos auf den Straßen so nennen mag. Hier schießen auch einige hochmoderne Wolkenkratzer und Einkaufscenter in den Himmel. Man kann ahnen, was aus der Stadt einmal werden wird. Auch wenn hier die Entwicklung viele Jahrzehnte hinterher hinkt und man hoffen könnte, dass die Stadtplaner aus den Fehlern anderer asiatischer Superstädte lernen würden, ist zu befürchten, dass das nicht der Fall sein wird.
Südlich der Sule Pagode erstreckt sich dann das Viertel mit den alten Kolonialbauten. Viele stehen leer und bedürften dringend einer Sanierung. Einige wurden wieder hergerichtet und beherbergen Behörden, Unternehmen oder Hotels. Ansonsten sind die Straßen fast leer. Ist es ein paar Meter weiter Richtung Norden fast unmöglich, die Straßen lebend zu überqueren, Ampeln oder ähnliches gibt es so gut wie keine, kann man hier inmitten eines vierspurigen Boulevards auf der Fahrbahn spazieren. Außer ein paar Büroangestellten oder Touristen finden eher wenige einen Grund, sich hier aufzuhalten.
Am Abend dann fahren wir nach einer Pause noch einmal in die Innenstadt. Die 19th Street, die Straße der Grillrestaurants und Streetfood-Stände ist das Ziel. Tatsächlich hat die Straße ihren Charme. Noch ist sie nicht völlig zu einer Touristenattraktion verkommen. An den Tischen auf der Straße sitzen Einheimische und Backpacker einträchtig beisammen. Es gibt Myanmar-Bier und frisch gegrillte Spieße mit allem, was kurz zuvor nach an Land oder im Wasser gelaufen, geschwommen oder gekrabbelt ist. Einzig die zwei Reisegruppen, die mit leicht pikierten Blicken den in die Höhe gereckten Nummernschildern ihres Kreuzfahrtschiffes hinterherlaufen, stören die Szenerie ein wenig.
Morgen dann ist unser letzter Tag in Yangon. Es geht definitiv noch einmal zurück in die Shwedagon-Pagode. Unserer Meinung nach DER Grund, Yangon zu besuchen. Diesmal am Abend, zum Sonnenuntergang und der anschließend einsetzenden Nacht.
Tag 4 – Yangon:
Zum Abschluss unserer Tage in Yangon sind wir noch einmal in die Shwedagon Pagode zurückgekehrt. Spät am Nachmittag, kurz bevor die Dämmerung einbrach. Am Ende blieben wir viele Stunden dort. Wir konnten uns einfach nicht trennen. So faszinierend die Atmosphäre in der Pagode bereits am Tag ist, so einzigartig ist sie am Abend. Bis spät in die Nacht hinein kommen immer noch viele Gläubige hierher. Mönchen, Nonnen, Paare und Familien. Manche wandern einfach nur um die Stupa herum, andere suchen sich eine ruhige Ecke und meditieren. Es werden Selfies geknipst und Familienfotos gemacht, gebetet und Buddhas gewaschen. Die Stimmung ist fast schon ausgelassen, wenn auch mit der nötigen spirituellen Ruhe. Während die einen feierlich die Ölkerzen entzünden, jagen fröhlich spielende Kinder durch die Mengen. Großeltern mit ihren Enkeln sitzen am Rand und beobachten das nächtliche Treiben, Mönche lassen sich mit Touristen fotografieren, inbrünstig betende werfen sich vor den Buddha-Statuen zu Boden und Pärchen schlendern ganz nah bei einander durch die Nacht.
Tag 5 – nach Heho:
Aus irgendeinem Grund mag ich keine Turboprops. Nicht, dass ich wirklich Flugangst hätte. Dazu sitze ich zu oft in irgendwelchen Fliegern rund um die Welt. Trotzdem bin ich selten begeistert, wenn ich vom Bus auf dem Rollfeld abgeladen werde und nur eine kleine Maschine mit Propellern vor den Turbinen wartet. Völlig irrational, fühle ich mich darin tatsächlich weniger sicher. Insofern war ich nicht unglücklich, als unser Flug von Yangon nach Heho wieder auf der Rollbahn aufsetzte. Der Flughafen in Heho zeigte sich mindestens so klein, wie die Maschine. Ein einziger offener Raum, am Eingang zwei Beamte, die die Pässe kontrollieren, dahinter ein Durchgang in der Wand, zu dem mit Handkarren das Gepäck geliefert wird. Ein paar Meter die Einfahrt runter, hinter dem Gitterzaun, warten die Taxis auf der staubigen Piste. Es folgt die übliche Diskussion, bei der man gewinnt und trotzdem verliert. Der erste genannte Preis ist absurd. Eine kurze Verhandlung später, sind schon 20 Dollar von der Rechnung verschwunden. Am Ende hat man den Lonelyplanet-Preis ausgehandelt. Der Taxifahrer grinst zufrieden – liegt dieser doch immer noch mindestens 15 Dollar zu hoch. Aber was hilft es schon. Der Flughafen steht mitten in der grünen Wiese, beziehungsweise im roten Staub, kein Dorf weit und breit – und wie Kartellabsprachen funktionieren, das hat sich unter den Taxifahrern schon herumgesprochen.
Eine gute Fahrtstunde später kommen wir im Inle See an. Kurz werfe ich einen sehnsüchtigen Blick auf das Spa. Eine Massage könnte ich jetzt gut gebrauchen. So ganz ohne Stoßdämpfer, war die letzte Stunde auf der Rückbank des Taxis durchaus eine Herausforderung für die Wirbelsäule.
Morgen dann heißt es früh aufstehen. Wir haben uns über Empfehlungen ein Boot mit Guide gesucht, mit dem wir den Inle See abseits der ausgetretenen Pfade erkunden wollen.
Tag 6 – Inle See:
Zwei Tage haben wir rund um den Inle See verbracht und sind zutiefst beeindruckt. Die oft fotografierte Hauptattraktion des Sees sind die Fischer, die ihre Boote auf fast schon bizarr wirkende Art mit einem Bein rundern, während sie ihre konischen Körbe auswerfen und versuchen, darin die Fische aufzustöbern.
Besonders im Sonnenuntergang wirkt die Szenerie fast schon unwirklich schön. Aber auch sonst hat der Inle See viele wunderschöne Seiten, die man noch abseits der Touristenströme erkunden kann. Zwar ist man mit Sicherheit nicht der einzige Besucher am See. Bricht man aber früh am Morgen auf, trifft man auf wenige bis keine anderen Reisenden. Das Wasser liegt dann schwer und wie dahin gegossen im Morgenlicht. Und während außer dem Zirpen der Zikaden und den vielfältigen Rufen der unzähligen Wasservögel fast nichts zu hören ist, wirft der Kapitän den ‘Chinese Buffalo’, wie sie ihre Einzylinder-Motoren nennen, die sonst die Pflüge auf dem Feld und hier eben die Longtailboote treiben, an und knattert hinaus auf den See, in das flüssige Silber des Morgens.
Schon lange an der Arbeit sind zu dieser frühen Stunde die Bauern, die ihre Holzbarken mit Seegras beladen. Ist das Boot voll, machen sie sich auf den Rückweg zu ihren schwimmenden Gärten, die sich in langen Linien durch das Marschland des Sees ziehen. Überwiegend Tomaten werden hier um diese Jahreszeit angepflanzt. Aber auch allerlei andere Gemüse gedeihen auf den grünen Polstern, die mit Bambusstangen gehalten im See wogen. An deren Rande leben die Bauern mit ihren Familien in auf Stelzen tief in den See hineingebauten Häusern. Erstaunlich groß sind die Gebäude aus Holz und Wellblech, viele erstrecken sich über bis zu drei Stockwerke.
Von dort aus schwärmen die Familien zu den im 5-Tage-Rhythmus rotierenden Märkten der Region aus. Alleine diese Märkte sind jeden Besuch wert. Während die Intha, die traditionell am See ansässige Bevölkerung, das Bild dominieren, trifft man hier auch auf die Angehörigen der nahe gelegenen Bergvölker. Vor allem die Shan-Frauen, mit ihren auffällig zum Turban gebundenen Kopftüchern, fallen ins Auge.
Angeboten wird auf dem Märkten alles, von Grundnahrungsmitteln über Gewürze, Tee und Gemüse bis hin zu Haushaltswaren und Blumen. Sogar der Friseur hat seinen festen Platz auf dem Markt. Im kleinen Hafen herrscht ein geschäftiges Schieben und Rangieren. Jeder, ob Käufer oder Verkäufer, reist mit dem Boot an. So haben die Schiffer alle Hände voll zu tun, die raren Anlegeplätze bestmöglich zu nutzen und gleich darauf den anderen Booten Platz zu machen.
Tag 7 – Inle See:
Fast wäre uns einer unserer persönlichen schönsten Momente am Inle See entgangen. Der Pagodenwald von Indein, einem kleinen Dorf im Hinterland des Westufers des Inle Sees, sei auf Grund des niedrigen Wasserstands nicht erreichbar, heiß es zunächst. Wie so oft, wollte ich das nicht einsehen und suchte weiter, bis ich einen Schiffer fand, der die Fahrt machen wollte.
Tatsächlich braucht es dazu um die Jahreszeit, am Ende der Trockenzeit, einiges Geschick. Die flachen Flussläufe die nach Indein führen, haben oft nur noch wenige Handbreit Wasser. Um sie trotzdem schiffbar zu machen, werden sie mit Sandsäcken und Bambusmatten aufgestaut. So entstehen kleine Wasserfälle von bis zu 50 Zentimetern Höhe. Schleusen gibt es selbstverständlich nicht. Stattdessen benötigt man einen geübten Kapitän, der seinem Longtailboot gerade so viel Schwung gibt, dass er die Stufen hinauffahren kann, ohne es auf der anderen Seite kentern zu lassen. Die Kids waren begeistert. Besser als jede Achterbahn. Und wir wurden mit einer nahezu unberührten Pagodenlandschaft belohnt, in der sich fast 1.000 eingefallene, zum Teil durch das örtliche Kloster restaurierte, überwiegend vom Urwald überwachsene, Pagoden rund um das Dorf an die Hügel schmiegen. Wie ein kleines Siem Reap, nur dass man im Gegensatz zur fast schon überlaufenen Tempelstadt von Angkor Wat dort ganz alleine ist.
Vom Pagodenwald rund um Indein geht es den Fluß herunter, zurück zum Inle See. Es ist faszinierend zu sehen, wie das Wasser zum täglichen Leben der Menschen gehört. Es ist Bad, Waschküche, Spielplatz und Speisekammer zugleich. Hier wird gewaschen und gefischt, gebadet und gelebt.
Besonders wichtig ist den Menschen kurz vom buddhistischen Neujahrsfest auch der Besuch im Tempel. Wobei die buddhistischen Tempel ein wunderbar lebendiger Ort sind. Zwar wird hier gebetet, werden Almosen gebracht und man sieht Gläubige in tiefe Meditation versunken. Trotzdem sind diese Tempel in keiner Weise mit der steifen Atmosphäre in anderen Gotteshäusern gleichzusetzen. Es wird auch gemeinsam gelacht, in Gruppen flaniert und viele Selfies geschossen. Mehr als einmal müssen unsere Kids Model stehen und werden sich zukünftig wohl in irgendwelchen burmesischen Fotoalben, inmitten der Großfamilie, wiederfinden.
Besonders schön ist der Nga Phe Kyaung Tempel, auch unter dem Namen Jumping Cat Monastery bekannt. Zum Sprung nach ihrem Mittagessen abgerichtete Katzen gibt es hier zwar nicht mehr, seitdem ein neuer Abt das Ruder übernommen hat, dafür ist der, vom Wasser aus völlig unscheinbare Bau, im Inneren ein Kleinod historischer Holzschnitzkunst.
Tag 8 – vom Inle See nach Mandalay,Tag 9 – Amarapura,
Inwa und Sagaing,Tag 10 – Mount Popa
Tag 11 und 12 – Bagan gibt es hier zu sehen:
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